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Uwe Bresan
Das
glückliche Heim - Ein Hohelied der Häuslichkeit: die Geschichte
vom "langweiligsten" Buch der Welt.
Von der Urhütte der Moderne und von einem tödlichen Schnitt
durch die Kehle.
Stifter, Goethe, Larsson, Kollhoff, Hitler, Heidegger, Nietzsche und das
Rosenhaus.
Es
mag verwegen klingen, den Ursprung der modernen Architektur ausgerechnet
in der österreichischen Provinz verankern zu wollen. Doch tatsächlich
finden wir hier – mit Adalbert Stifters »Nachsommer« von 1857
– die wohl früheste Formulierung einer Urhütte der Moderne.
Stifter (1805-1867), der Nationalheilige der österreichischen Literatur,
beschreibt in seiner Erzählung auf das ausführlichste und umfänglichste
das sogenannte Rosenhaus.
Architekten waren immer wieder fasziniert von diesen Beschreibungen und
ließen sich von Stifter auf die vielfältigsten Weisen anregen.
Die Ausführungen des Hausherren des Rosenhofes über die Produkte
seiner Werkstätten und die Schilderungen des einfachen Lebens in
den Räumen des Rosenhauses fanden einen immensen Widerhall bei den
Baumeistern der frühen Moderne, denn, so stellte schon Wolfgang Voigt
in seiner Studie »Vom Ur-Haus zum Typ« fest, „über Gestaltungsfragen
reden die Figuren dieses Romans wie die späteren Reformer der Werkbundbewegung.“
So lassen sich nachsommerliche Impulse ebenso in Leben, Werk und Lehre
der traditionellen Architekten Paul Schultze-Naumburg, Theodor Fischer
und Paul Schmitthenner entdecken, wie bei Vertretern einer dezidierten
Moderne wie Erich Mendelsohn oder Bruno Taut und Walter Gropius.
Für Friedrich Nietzsche, der den »Nachsommer« unter die
wenigen Werke deutscher Literatur nach Goethe einordnete, die es verdienten,
„wieder und wieder gelesen zu werden“, stellte der »Nachsommer«
den Versuch dar, einen Modus des Daseins zu definieren, ethische sowie
ästhetische Regeln und Grundsätze zu begründen, wie mit
den Bedingungen des modernen Lebens umzugehen ist. Das heißt, Nietzsche
entdeckte im »Nachsommer« geradezu die Vorwegnahme seines
eigenen Diktums, dass das moderne Dasein nur als ein Ästhetisches
zu rechtfertigen sei. Das Leben des Freiherrn von Risach, Erschaffer und
Herr der Nachsommerwelt, ist ein Kunstwerk: die eigene Existenz selbst
so gestaltet, dass sie als ästhetisches Werk zum Vorbild für
Andere wird. Das Rosenhaus bildet den entsprechenden räumlichen Ausdruck
dazu. Der »Nachsommer« ist, mit Roland Barthes gesprochen,
eine Utopie – genauer: eine häusliche Utopie – „die gestaltende Suche
nach dem höchsten Gut, was das Wohnen angeht.“
Dabei sind die selbstgewählten, ästhetischen Verhaltensweisen,
die Stifter damals – am Beginn der Moderne – begründete, bis heute
Merkmal der Formen des Bürgerlichen und sein Rosenhaus das Modell
einer modernen, bürgerlichen Architektur. Für beides, für
die Ästhetik des Lebens wie auch für die entsprechende Architektur,
diente Goethe oder besser die Beschreibung Goethes durch seinen Sekretär
Eckermann als Vorbild.
Uwe Bresan, Jahrgang 1980, Studium der Architektur an der Bauhaus-Universität
Weimar, während des Studiums als freier Mitarbeiter am Deutschen
Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main, dort Ausstellungen über
Friedensreich Hundertwasser und Gottfried Böhm, derzeit Volontär
bei AIT (Zeitschrift für Architektur, Innenarchitektur und Technischen
Ausbau) in Stuttgart, daneben Promotion zu STIFTERS ROSENHAUS an der Universität
Siegen
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